#Sketchnote: Was ist Lerntransfer? #TheorieVisuell

Lernt man aus eigener Motivation heraus, dann geschieht dies meist mit der Absicht das erlangte Wissen auch anwenden zu können. Das Erlernen einer neuen Sprache geschieht beispielsweise mit dem Ziel die Sprache auch mit Einheimischen sprechen zu können und zumindest ein Gespräch führen zu können. Aber warum klappt es verhältnismäßig selten, dass dieses Ziel auch erreicht wird. Dafür ist es notwendig sich den Lernvorgang genauer anzuschauen.

Möchte man sich Wissen über ein bestimmtes Themengebiet aneignen, dann muss dieses zunächst gelernt werden. Dieser Lernvorgang ist vorerst auf eine ganz konkrete Situation beschränkt. Somit bezieht sich auch das Wissen auf diese konkrete Lernsituation. Die Anwendung dieses Wissens auf andere, bislang unbekannte Kontexte setzt einen Lerntransfer voraus. Also der selbstständigen Übertragung von konkret gelerntem Wissen auf einen anderen Gegenstand.

Sketchnote: Was ist Lerntransfer?

Während dem Lerner in der Lernsituation also Lehrer und Trainer mit Übungen und entsprechenden Inhalten noch helfen und zum Lernen beitragen, kann der Lerner in Folge dieses Wissen ohne deren Hilfe abrufen und anwenden. Zumindest ist so ein idealer Lernvorgang gekennzeichnet. Er verdeutlicht, dass der Transfer des Gerlernten nicht von allein geschieht und durch den Lehrer entsprechend unterstützt werden muss.

#TheorieVisuell: Zur Auslegung und den Relevanzen in der Wahrnehmung

Unsere Wahrnehmung steht nicht nur in Abhängigkeit des reinen Sehens, sondern ist mit spezifischen Relevanzstrukturen, die sich im Laufe des Lebens gebildet haben, verknüpft. Nach Alfred Schütz und Thomas Luckmann gründen „alle Erfahrungen und alle Handlungen […] in Relevanzstrukturen“ (Schütz/Luckmann 2003: 253). Somit nehmen wir eben nicht in jeder Anschauung das wahr, was sich vor unser Auge stellt, sondern lassen uns von bestimmten Relevanzen leiten. Um dieses Phänomen besser zu beschreiben, ziehen Schütz und Luckmann das Beispiel des griechischen Skeptikers Carneades heran. Dieser beschreibt u.a. folgende Szenerie:

Ein Mann betritt ein schlecht beleuchtetes Zimmer und glaubt in der Zimmerecke einen Seilknäuel zu bemerken. Er sieht aber den Gegenstand nur verschwommen. So fragt er sich, ob es denn wirklich ein Seilknäuel sei. Könnte es nicht auch eine eingerollte Schlange sein? Auch das ist möglich. […] Er wird unsicher und schwankt zwischen den zwei Möglichkeiten. […] Der Mann macht sozusagen einen Inspektionsgang um seine Vorstellung. Er findet dabei, daß jede Alternative ihr eigenes Gewicht hat, das dem Gewicht der anderen Alternative die Waage hält. […] Wenn der Mann einen Stock nimmt, den Gegenstand berührt und sich dieser dennoch nicht bewegt, wird er die Überzeugung gewinnen, daß es in der Tat keine Schlange sein kann. […] Folglich ist das einzig gültige Kriterium aller Überzeugungen in der gründlichen, methodischen Kontrolle der Wahrscheinlichkeiten und Wahrscheinlichkeitsgrade zu suchen. (Schütz/Luckmann 2003: 256f.)

Seil oder Schlange? Nach einem Beispiel von Carneades

In Folge nutzen Schütz und Luckmann das Beispiel, um die auferlegte und motivierte thematische Relevanz näher zu beschreiben. Das #Doodle soll die Geschichte des Carneades‘ visualisieren und in das Bewusstsein rufen, dass der Wahrnehmungsvorgang bzw. das Sehen nicht nur von leiblichen Komponenten geprägt ist.

Quelle: Schütz, Alfred; Luckmann, Thomas (2003): Strukturen der Lebenswelt. Konstanz: UVK Verlagsgesellschaft.

#TheorieVisuell: #Sketchnote zum Menschen und seinen Rollen #SNDay2016

Passend zum heutigen und ersten Sketchnote Day, zeige ich eine aktuelle Sketchnote von mir. Sie zeigt eine Visualisierung zu einem Text, den in gerade für meine Dissertation lese. Es handelt sich dabei um das Buch „Auslegungen des Alltags – Der Alltag der Auslegung“ von Hans-Georg Soeffner. In dem behandelten Abschnitt geht es vor allem um die Überlegungen von Helmuth Plessner zur „vermittelten Unmittelbarkeit“ des Menschen und von Goffman’s Theorie zur Welt als Theater.

Sketchnote: Der Mensch und seine Rollen – 11.01.2016, Chemnitz (by Anja Weller)

Aspekte Sehen – Philosophische Untersuchung von Ludwig Wittgenstein

Heute möchte ich einen eher theoretischen Blick auf ein Phänomen geben, das mir schon mehrfach im Prozess der Bildanalyse begegnet ist. Ich betrachte Bilder über einen längeren Zeitraum und bemerke plötzlich einen Aspekt im Bild, der mir trotz mehrmaliger Betrachtung vorher nicht aufgefallen ist. Vergleichbar ist dieser Moment mit dem sogenannten „Aha-Effekt“, dem Aufleuchten eines Gedanken.

Ludwig Wittgenstein (2001) hat diesen Umstand „Aspekte Sehen“ genannt. Bemerkt man bei der Betrachtung einer Darstellung  plötzlich die Ähnlichkeit zu etwas anderem, dann würde Wittgenstein davon sprechen, dass man einen „Aspekt“ bemerkt hat.

Wer in einer Figur (1) nach einer anderen (2) sucht, und sie dann findet, der sieht (1) damit in einer neuen Weise. Er kann nicht nur eine neue von ihr Beschreibung geben, sondern jenes Bemerken war ein neues Seherlebnis. (Wittgenstein 2001: 1033)

Ein Beispiel an dem Wittgenstein das Aspekte Sehen verdeutlicht, ist folgendes Bild:

H.-E.-Kopf (Eigene Darstellung nach Witggenstein 2001: 1025)

H.-E.-Kopf (Eigene Darstellung nach Witggenstein 2001: 1025)

Wahrscheinlich seht ihr hier einen Entenkopf (1). oder vielleicht auch einen Hasenkopf (2)? Beide möglichen Ansichten verschmelzen miteinander, da sie gleichzeitig existieren. Wittgenstein spricht beim Sehen (in diesem Falle den Kopf, den man vorher noch nicht gesehen hat) des neuen Aspektes auch vom „Aufleuchten“ des Aspektes.

Ich sehe, daß es sich nicht geändert hat; und sehe es doch anders. (Wittgenstein 2001: 1024)

Nach Wittgenstein besteht das Aufleuchten eines Aspektes aus dem Seherlebnis – also der unmittelbaren Wahrnehmung – und aus dem Denkprozess. Dem Seherlebnis schließt sich ein gedanklicher Ausdruck an, der widerum das Sehen lenkt und dieses wieder das Denken.

Wir deuten sie also, und sehen sie, wie wir sie deuten. (Wittgenstein 2001: 1025)

Bei der Betrachtung und Analyse von Bildern sollte man sich diesen Umstand bewusst machen. Er zeigt, dass Bilder trotz ihrer simultanen Visualität (vielleicht auch gerade deswegen) nicht alle Aspekte zur gleichen Zeit für den Betrachter sichtbar machen.

Mehr zum Aspektesehen von Wittgenstein könnt ihr in diesem Wiki nachlesen oder wer nicht selbst lesen möchte auch in diesem Podcast.

Literaturnachweis:

Wittgenstein, Ludwig (2001): Philosophische Untersuchungen. Kritisch-Genetische Edition. Frankfurt: Suhrkamp.